Die Geschichte des Casa

Das Casa do Fazer besteht nun schon fast sechs Jahre. Die Initiatorin des Bildungs- und Begegnungszentrums, Lisa Tembrink-Sorino, beschreibt die Anfänge des Casa do Fazer:

Lisa Tembrink-Sorino

„Ende 2004 beschlossen mein Mann Carlo und ich, nach Brasilien zu gehen, um uns ein halbes Jahr im Ausland sozial zu engagieren. Meine Cousine Nele war vor kurzem aus Brasilien zurückgekehrt und berichtete uns von Fortaleza. Wir waren uns sofort einig, dass auch wir nach Fortaleza gehen würden. Dort arbeiteten wir bei einer Non-Profit-Organisation namens Emaus. Eines Tages fuhren wir mit Rechtsanwalt Airton Barreto, der heute für das Casa do Fazer arbeitet, in ein Armenviertel (Favela) am Stadtrand von Fortaleza. Diese erste Begegnung mit der „Vila Velha“, dem „alten Dorf“, berührte mich sehr. Die Menschen lebten in einfachst zusammen gezimmerten Hütten, es gab weder Strom noch Toiletten. In einer der Hütten wohnte eine fünfköpfige Familie auf sieben Quadratmetern. Drinnen plagten uns die Fliegen und wir tanzten mit den Kindern, um sie zu vertreiben. Das angebotene Wasser mussten wir ausschlagen, da es unsere europäischen Mägen nicht vertragen hätten.
Zurück in unserer kleinen Pension, die mir wie der reinste Luxus erschien, dachte ich an die Menschen in der Favela. Ich fragte mich, wie es sein kann, dass die Menschen in der Vila Velha unter so unwürdigen Umständen leben mussten, während ich in einem sauberen Bett liege und duschen kann, wann immer ich will. Wir besuchten die Vila Velha fast täglich und es entwickelten sich Freundschaften. Ende Dezember starteten wir eine Spendenaktion in Deutschland. Mein Vater schrieb alle Bekannten und Verwandten an und schaffte es, über 2.000 Euro zu sammeln. Mit diesem Geld begannen wir Ende Januar mit dem Bau eines Hauses mitten in der Favela. Nach nur zwei Wochen stand das „Casa do Fazer“, das „Haus des Schaffens“.
Im Februar begann der Nachhilfeunterricht. Zuerst gingen wir zu den Eltern und erzählten ihnen, was wir in dem neuen Haus machen wollten. Daraufhin kamen viele zu uns, um ihre Kinder für den Unterricht anzumelden. Bis heute kommen 50 Kinder regelmäßig zum Nachhilfeunterricht in das Casa do Fazer.
In den ersten drei Jahren konnten wir unsere Tätigkeiten erheblich ausbauen und viele Menschen von unserer Arbeit überzeugen. Der Kreis der Spender wuchs und wir gründeten im Februar 2007 den Verein „Casa do Fazer e.V.“. Wir sind zehn Mitglieder mit den unterschiedlichsten Kompetenzen und Berufserfahrungen, die zum Ziel haben, den Menschen in der Vila Velha eine Chance auf Bildung und somit auf ein selbstbestimmtes Leben geben.“